Knast
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Inhalt
Unschuld und Sühne / Niemand ist als Verbrecher geboren. Bilder junger Delinquenten aus Polen
Ob dieser Freund ein Mörder war? / Unsere Autorin erinnert sich an ihren ruandischen Fahrer, der in Haft gestorben ist
Grauenhaft / Mehr diabolische Mystik als Zelle 70 in Stadelheim kann ein Haftraum kaum haben
Diese unheimliche Kinderliebe / Die Mutter eines Pädophilen hofft immer noch, dass ihr Sohn frei- und alles in Ordnung kommt
Auf Verdacht in der Hölle / Was ein Elend: Venezolanerinnen in Untersuchungshaft
Jetzt umdrehen und nach vorn beugen / Ist es witzig, sich für ein unbezahltes Ordnungsgeld kurz mal einlochen zu lassen?
Robby hat das Freisein verlernt / Viel Zirkus um einen Schimpansengreis, der sein ganzes Leben in Gefangenschaft verbracht hat
Der Plan / Bruder Hanisch war ein tragischer Fall
Gut im Abgang? / Wir testen den Knastwein „Pruno", den Inhaftierte aus Abfall keltern
Coming-out / Eine, die lange im falschen Körper und im falschen Knast war, befreit sich
Eine Hinrichtung / Wie absurd eine Exekution ist, merkt man erst, wenn George Orwell sie beschreibt
Sperma Zelle auf! / Palästinenserinnen, die den Samen ihrer inhaftierten Männer aus dem Knast schmuggeln
Up in the bing / Das US-Knastsystem ist so rassistisch, dass man eigentlich nur drüber rappen kann
Ich bin so frei / Die ersten Wochen mit Rikko, der gerade entlassen wurde
Mitarbeiter dieses Hefts

Fotografin
Immer wenn Zuza Krajewska (43) von der Jugendstrafanstalt Studzieniec außerhalb von Warschau zurück nach Hause gefahren ist, ging ihr noch lange durch den Kopf, was sie über die Familiengeschichten der jungen Insassen erfahren hatte. Während sie das moderne Polen mit seinen Malls und neuen Einfamilienhaussiedlungen an sich vorbeiziehen sah, hat sie sich oft gefragt: Warum bringt man in einem solchen Land Kinder zur Welt, um sie dann zu schlagen, zu ängstigen, zu demütigen? Fast immer ging es in den Biografien der Jungen um grausame Väter, die ständig betrunken waren – und um irgendeinen Blödsinn, der den Weg zu etwas Anerkennung und Geld dann abkürzen sollte. Letztlich surrte Zuzas ganze Fotoarbeit über die Einrichtung Studzieniec, die Jugendliche vor einer Knastkarriere bewahren soll, auf zwei Fragen zusammen: Wie und wann fängt das an? Denn niemand kommt als Verbrecher zur Welt. Zuzas Bilder geben keine klare Antwort. Im selben Gesicht sieht man mal das unschuldige Kind, mal den Anwärter auf eine Knastkarriere. Für uns jedenfalls war gerade diese Uneindeutigkeit die wichtige Erkenntnis.

Artdirektor
Dass Lukas Niehaus (34) alles andere als ein Idiot ist, wissen wir sehr gut, seit er uns 2016 ein Heft zu diesem Thema gestaltet hat. Als klar war, dass es jetzt um Knast geht, wussten wir sofort: Das ist ein Sujet, für das wir noch mal diesen überaus angenehmen Kollegen und langjährigen Layout-Stürmer von „11 Freunde“ zu uns bitten sollten. Der kann Hefte gestalten und Schlagzeilen bauen, dass die Typo nur so kracht – als ob eine schwere Eisentür ins Schloss fällt oder der Wärter brüllt: „Zellenkontrolle!“ Gut, am Anfang mussten wir ihn schon ein bisschen bremsen, dass man sich angesichts lang gestreckter Lettern nicht selbst wie hinter Gittern vorkam. Aber Lukas wäre nicht Lukas, hätte er es nicht verstanden, zu diesem Thema ein Heft zu gestalten, das seinen Gegenstand immer wieder klug durchkreuzt. Schließlich denkt der Mensch wohl nirgendwo so sehnsüchtig an Freiheit wie in Gefangenschaft. Es war also wieder eine befreiende Erfahrung mit Lukas. Am liebsten hätten wir ihn an seinen Schreibtisch bei uns angekettet, damit er uns noch ein bisschen erhalten bleibt.

Autor
Bevor er Schriftsteller wurde, war Ludwig Lugmeier (69) ein erfolgreicher Dieb. Schon als Jugendlicher verübte er mehrere Einbrüche und trat mit fünfzehn seine erste Gefängnisstrafe an. Sein größter Coup waren zwei Überfälle auf Geldtransporter 1972, bei denen er etwa drei Millionen D-Mark erbeutete. Er floh ins Ausland, wurde gefasst und zu dreizehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Drinnen, sagt Lugmeier, habe er von Anfang an Widerstand geleistet. „Das Gefängnis ist nicht dazu gemacht, den Menschen zu helfen. Es ist dazu gemacht, Menschen Schaden zuzufügen“, sagt er. Lugmeier schrieb in der JVA Straubing aufrührerische Texte für eine illegale Gefangenenzeitung. Die Revolte, die hier später ausbrach, bekam er jedoch nur noch von draußen mit. Nach seiner Freilassung veröffentlichte er mehrere Bücher, sein letzter Roman erschien passenderweise im VerbrecherVerlag. Er handelt von Käpt’n Bilbo, einem Berliner Juden, der für sich fantastische Rollen und Lebensläufe entwarf. Derzeit durchforstet Lugmeier seine alten Tagebücher für ein Projekt über Lebenslängliche. In DUMMY schreibt er über einen früheren Mithäftling, dessen Freiheitsdrang sich nicht brechen ließ.